(Ergänzender Text zu dem von Steffen Welzel für ERZIEHUNG UND WISSENSCHAFT,
November-Ausgabe 2014; erscheint jetzt dort doch nicht; siehe aber den dort erschienen Bericht mit gemeinsamer Unterschrift von Steffen und mir. Die nachfolgende Würdigung der Friedensnobelpreisträger 2014 ist jetzt – leicht gekürzt und leicht redigiert – erschienen in HUMANE SCHULE, Zeitschrift des Bundesverbandes der Aktion Humane Schule e. V.,Dezember 2014, Seite 24 )
Glaubwürdigkeit ist der Wirk-Stoff von Pädagogik und Politik.
Glaubwürdigkeit zeigt sich im Tun.
Was Menschen und Menschen-Gruppen (vor-)leben, wirkt.
Was Menschen lehren, ohne dass sie es leben, hat zweifelhaften Wert.
Die Diskrepanz zwischen Lehre und Leben kann zwar im positiven, aber selteneren Falle, die Wahrnehmungsfähigkeit mancher gegenüber Un-Glaubwürdigkeiten schärfen und ihre Erkenntnis-Kritik vertiefen; aber wahrscheinlicher ist es, dass viele Geister verwirrt werden und sie sich dann in ihrem Handeln zu – meist eigennützigen – Opportunisten entwickeln.
Welch ein großartiges Zeichen, dass im Jahre 25 nach der Verabschiedung der UN-Konven- tion für die RECHTE DER KINDER zwei Menschen, jünger und älter, weiblich und männlich, aus latent eher feindselig konkurrierenden Staaten, multikulturell geprägt, mit dominant unterschiedlichen Religionen, den höchsten Preis erhalten, den die Menschheit zu vergeben hat: den FRIEDENS-NOBEL-Preis – für das höchste GUT, worauf alle Menschen dieses Planeten ein bedingungsloses An-Recht haben: FRIEDEN.
Wenn Malala – schon vor ihrer jetzigen Auszeichnung – in einer beeindruckenden, aufrütteln-den, herausfordernden Rede vor der UN-Jugenddelegierten-Vollversammlung sagte:
„One child, one teacher, one book, and one pen can change the world.
Education is the only solution. Education first.“
dann ist das für alle Bildungs-Arbeiter in allen Bildungs-Stätten die ebenso anspruchsvollste wie SIE- und ER-MUT-igendste Aufforderung und Anleitung zum Handeln.
Gute Bildungsstätten folgen einer großen Idee. Wenn die Bildungsarbeiter und die Bildungs-stätten in ihren Alltagen die große Idee (im Rahmen ihrer immer wieder auszuweitenden Möglichkeiten) umsetzen, dann handeln sie wahr-lich realistisch.
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Zukunftsfähige, zukunftsgestaltende Bildung meint: dem Möglichkeits-Sinn den Vorrang zu geben vor dem Wirklichkeits-Sinn. Die Zuversicht, SINNvolle Möglichkeiten realisieren
zu können, baut Menschen auf. Auf-Bauen ist der Kern-Auftrag und der Kern-Anspruch einer politisch verstandenen Pädagogik und einer pädagogisch durchdrungenen Politik.
Wenn ich mich selbst zitieren darf:
„In den Diktaturen wurden und werden die Menschen ab–gerichtet.
In vielen Demokraturen werden die zukünftigen Untertanen unter-richtet.
In wahr-lich und wirk-lich freien und darum auch befreienden Gesellschaften
ist Schluss mit dem – als not-wendig immer wieder behaupteten –
ab- und unter-richten.
In freien und sich befreienden Gesellschaften können und werden die Menschen
sich vor allem auf-richten. Sie werden sich – wechselseitig –
auf-bauen, auf-bauen, auf-bauen.
Gemeinsam statt einsam. – In Vielfalt statt in Einfalt. –
Kommunikativ kooperativ statt konfrontativ. – Inklusiv statt exklusiv.“
Und was heißt das jetzt für glaubwürdiges Tun in Pädagogik und Politik?
1. Die Bildungs-Arbeiter entwickeln in ihren Bildungsstätten FRIEDENS-ZIEL-geleitete
Handlungspläne für ein friedliches Zusammen-Leben – im Kleinen wie im Großen, in der nahen und in der (geographisch) ferneren Mit-Welt.
2. Engagement für und im Sinne von FAIR CHILDHOOD (www.fair–childhood.eu) bleibt ein Handlungs-Schwerpunkt z. B. der GEW in allen ihren Organisations-Formen und inhaltlichen Facetten.
3. Die Bildungs-Gewerkschaften gewinnen die anderen (vor allem: Industrie- und Dienstleistungs) Gewerkschaften, national wie international, zu überzeugten und darum überzeugenden Bündnisgenossen.
4. Die Gesamt-Gesellschaft geht entschlossen gegen alle Formen von Kinderarbeit vor. Sie fördert und fordert ein Bewusst-Sein, wie viel Kinderarbeit in unseren Kleider-schränken, auf unseren Straßen, auf unseren Friedhöfen und an anderen, vielleicht noch unentdeckten Orten, anzutreffen, aufzuspüren, aufzufinden ist. Im Inland ist es das Ziel, keine Produkte und Dienstleistungen mehr zuzulassen, die auf Kinderarbeit gründen.
5. Gerade dort, wo Kinderarbeit in der Welt – noch – am häufigsten anzutreffen ist, werden familienernährende Arbeitsformen entwickelt, mentale Muster gefördert, soziale Strukturen geschaffen, kulturelle Dialoge gepflegt, die dazu beitragen, dass das Kinderarbeits-Verbot eingehalten und Bildungs-Chancen für Alle geschaffen, ausgeweitet, selbstverständlich werden.
FRIEDEN beginnt in den KÖRPERN und KÖPFEN, in den HERZEN und SEELEN von KINDERN. – Kinder-ARBEIT zerstört kindliche Körper und Köpfe, stumpft Herzen und Seelen ab. Zerstörte Kinder-Körper und Kinder-Seelen sind anfällig für Krieg in vielen Formen. – Wer FRIEDEN will – für sich und die ganze Menschheit – muss für BILDUNG statt KINDERARBEIT tätig sein und tätig bleiben. So lange und so konsequent tätig bleiben, bis das Verbrechen KINDERARBEIT, an dem so viele Kinder zer-brechen, abgelöst wird durch Bildungs-Chancen im Geiste von universaler Humanität und welt-weiter Solidarität.
DANKE MALALA! DANKE KAILASH!
Für BILDUNG statt KINDERARBEIT habt Ihr Euer Leben „auf’s Spiel“ gesetzt.
„Auf’s Spiel“ gesetzt ist ein falscher Ausdruck. Euer Handeln war tot-ernst!
DANKE Friedens-Nobel-Preis-Kommitee für diese Auszeichnung,
die uns Anspruch und Ansporn sein möge,
entsprechend glaubwürdig zu lehren, zu handeln, zu leben.