27. Januar 2015

70 Jahre nach der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz
durch die „Rote Armee“ – ERINNERUNG, ERKENNTNIS und bleibender AUFTRAG 

Erziehung nach Auschwitz Theodor W. Adorno

Die Forderung, dass Auschwitz nicht noch einmal sei,
ist die allererste an Erziehung.

Sie geht so sehr jeglicher anderen voran,
dass ich weder glaube, sie begründen zu müssen
noch zu sollen. Ich kann nicht verstehen,
dass man mit ihr bis heute so wenig sich abgegeben hat.
Sie zu begründen hätte etwas Ungeheuerliches
angesichts des Ungeheuerlichen, das sich zutrug.

Dass man aber die Forderung, und was sie an Fragen aufwirft,
so wenig sich bewusst macht, zeigt,
dass das Ungeheuerliche nicht in die Menschen eingedrungen ist,
Symptom dessen, dass die Möglichkeit der Wiederholung,
was den Bewusstseins- und Unbewusstseinsstand der Menschen anlangt, fortbesteht.
Jede Debatte über Erziehungsideale ist nichtig
und gleichgültig diesem einen gegenüber,
dass Auschwitz nicht sich wiederhole.

Es war die Barbarei, gegen die alle Erziehung geht.
Man spricht vom drohenden Rückfall in die Barbarei.
Aber er droht nicht, Auschwitz war er;
Barbarei besteht fort, solange die Bedingungen, die jenen Rückfall zeitigten, wesentlich fortdauern. Das ist das ganze Grauen.

Der gesellschaftliche Druck lastet weiter,
trotz aller Unsichtbarkeit der Not heute.
Er treibt die Menschen zu dem Unsäglichen,
das in Auschwitz nach weltgeschichtlichem Maß kulminierte.