Zum Jahreswechsel 2011 / 2012

Die Ausgabe Oktober 2011, 37. Jg., der Bundeszeitschrift HUMANE SCHULE
der AKTION HUMANE SCHULE (AHS) hatte den Themen-Schwerpunkt
Motivation in einer bedrohten Welt.

Für diese Ausgabe war der nachfolgende Text ursprünglich verfasst.
Aus einem Versehen heraus ist der Text dann nicht in der Ausgabe erschienen.
So nutze ich die Zitaten-Zusammenstellung jetzt als Weihnachts- und Neujahrsgruß im Sinne einer möglichst nachhaltig wirksamen
MOTIVATION IN EINER BEDROHTEN WELT.

2012: das – zu Vielem verpflichtende – Jahr 20 nach der RIO WELT-KONFERENZ FÜR UMWELT UND ENTWCKLUNG

Und wie stehst DU dazu?
Motiv-Klärung mit der Weisheits-Schatzkiste der Menschheit
Zehn Schritte und nachklingende Nachbemerkungen im Geiste Jesaja 40,31:

Aber alle, die auf den Herrn vertrauen, bekommen immer wieder neue Kraft,
es wachsen Ihnen Flügel wie dem Adler.
Sie gehen und werden nicht müde, sie laufen und brechen nicht zusammen.

Wer sein MOTIV (erkannt) hat, wer sich seines Motivs bewusst ist,
der fühlt und denkt und handelt entsprechend.
MOTIVE geben ausdauernde Kraft und weisen die gewollte, die gewünschte Richtung.
Sie und Er müssen dann nicht, Sie und Er müssen dann kaum
– von außen und von anderen – motiviert werden.

Wer (s)ein MOTIV noch nicht (erkannt) hat,
wer sich seiner MOTIVE (noch) nicht bewusst (geworden) ist,
der und die sind dann nur schwer
– und meist mit nur hohem Aufwand bei geringem Ertrag – zu motivieren.

Menschen motivieren zu wollen ist der oft misslingende Versuch,
andere dahin bringen, andere dahin treiben, andere dahin er-ziehen zu wollen,
wohin sie von sich aus weder gehen wollen noch selbst-bestimmt gehen werden.

Wir brauchen daher keine Motivations-Techniken und Motivations-Strategien
in Art und Form einer Entmündigung bis hin zur Freiheits-Einschränkung
und einer Freiheits-Beraubung.

Was wir aber brauchen ist dies:
wir brauchen in intensiver und sensibler,
in ausdauernder und aufbauender Weise
eine Klärung der je individuellen und auch gemeinschaftlicher MOTIVE,
mit denen sich dann der und die Einzelnen identifizieren wollen, die sie
– mit Leib und Seele, mit „Kopf, Herz und Hand“ – verkörpern wollen,
die sie zu ihrer Identität – eigen-motiviert – entfalten und gestalten wollen,
die dann, darum und deswegen für Einzelne und Gemeinschaften
zugleich zur starken und stärkenden Kraft-Quelle werden
und in den Turbulenzen dieser Welt weg-weisender Kompass bleiben.

Als einen Weg zur MOTIV-Klärung biete ich nachfolgend kurze und knappe,
prägnante und für Prägungen geeignete Einsichten aus der Weisheits-Schatzkiste
der Menschheit an. – Verbunden mit der entscheidenden Frage:
UND WIE STEHST DU DAZU???
Haben die Einsichten Aussichten,
dass sie für mich, für Dich, für uns handlungsleitend werden?!

(1)     „Alle große politische Aktion besteht im Aussprechen dessen,
was ist, und beginnt damit.
Alle politische Kleingeisterei
besteht in dem Verschweigen und Bemänteln dessen, was ist.“
Ferdinand Lassalle

(2)    Was aber ist??? Heute und für eine zu gestaltende Zukunft?
Ein Angebot aus dem     Dokument,
das ich als das Bedeutendste UN-Welt-Dokument im Übergang
vom 20. in das 21. Jahrhundert ansehe:
Die AGENDA 21, das Dokument, das aus- und aufführt,
was zu tun ist im 21. Jahrhundert, damit unser Globus lebens-,
ja, vielleicht sogar liebenswert bleibt und – wo möglich! – noch liebenswerter wird.

Konferenz der Vereinten Nationen für Umwelt und Entwicklung
Im Juni 1992 in Rio de Janeiro    *   AGENDA 21   *   Präambel   *   1.1

„Die Menschheit steht an einem entscheidenden Punkt ihrer Geschichte.
Wir erleben eine zunehmende Ungleichheit zwischen Völkern
und innerhalb von Völkern, eine immer größere Armut, immer mehr Hunger,     Krankheit und Analphabetentum sowie eine fortschreitende Schädigung
der Ökosysteme, von denen unser Wohlergehen abhängt.
Durch eine Vereinigung von Umwelt und Entwicklungsinteressen
und ihre stärkere Beachtung kann es uns jedoch gelingen,
die Deckung der Grundbedürfnisse,
die Verbesserung des Lebensstandards aller Menschen,
einen größeren Schutz und eine bessere Bewirtschaftung der Ökosysteme
und eine gesicherte, gedeihlichere Zukunft zu gewährleisten.
Das vermag keine Nation allein zu erreichen,
während es uns gemeinsam gelingen kann:
in einer globalen Partnerschaft,
die auf eine nachhaltige Entwicklung ausgerichtet ist.“
(3)    Die AGENDA 21 ist eine Ansprache, ein Anspruch, eine Aufforderung an uns Alle.
Zuvörderst an die Politik, die aber als das Insgesamt des Handelns Aller
in einer Gesellschaft und aller Gesellschaften – als Welt-Politik –
gemeinsam zu begreifen ist.

„Politik sollte den besseren Zustand aber denken,
in dem man ohne Angst verschieden sein kann.“
Theodor W. Adorno

„Wenn das Leben keine Vision hat, nach der man sich sehnt,
die man verwirklichen möchte,
dann gibt es auch kein Motiv sich anzustrengen.“
Erich Fromm

(4)    Insoweit Politik nicht das Herrschafts-Privileg von Macht-Cliquen ist,
sondern das Insgesamt des Handelns Aller,
bin ich, bist Du, sind wir ALLE angesprochen. – Zum Beispiel SO:

„Ihr Alle, jede/r an ihrem / seinem Platz, baut an einer neuen Welt.“
Giovanni Battista Montini: Papst Paul VI

„Überlegt Euch, was Ihr Euch wünscht!
Welche Art von Welt wollt Ihr bauen?
Ihr sollt wissen und alle Kinder sollen daran denken:
wir sind nicht nur Gäste in dieser Welt,
sondern wir sind die Erschaffer unserer Welt.
Da wir die Welt, in der wir leben, mit erschaffen,
müssen wir wissen, wie wir das tun.
Und wenn wir die Welt erschaffen:
wie soll das Ergebnis aussehen?
Und welchen Anteil will ICH daran haben?
Ich kann das alles zunächst einmal in meinem Kopf tun.
Dann kann ich es aufschreiben, erstens und zweitens,
und dann kann ich es an die Wand pinnen;
und dann, das ist entscheidend,
dann muss ICH anfangen, dafür zu arbeiten.
Und dann wird es geschehen!“
Muhammad Yunus

(5)    In dem, was wir tun – und auch in dem, was wir lassen – sind wir eingewoben
in den Strom der Generationen – welt-weit.
Darum diese dreifache indianische Weisheit:

„Wir haben die Erde von unseren Eltern nicht geerbt,
sondern wir haben sie von unseren Kindern nur geliehen.“
Chief „See-at-la“ (scil.: Seattle) – Häuptling der Suquamish- und Duwamish-Indianer

„Ihr sollt wissen, dass alles, was ihr braucht,
Geschenke der Erde unten, des Himmels oben und der vier Winde sind.
Wenn ihr euch gegen diese Elemente vergeht,
wird es schlimme Konsequenzen für euch haben …“
Sioux

„Wenn Du merkst, dass Du ein totes Pferd reitest, dann steige ab.“
Dakota Indianer

(6)    Das „Ganze“ prägt den/die Einzelnen –
aber der und die Einzelne kann auch das „Ganze“ prägen.
Daher ist entscheidend:

„Be the change you want to see in the world.“
Mahatma Gandhi

(7)    „Aber ICH bin doch kein GANDHI, kein MANDELA, kein …!“
Wer ist das schon? – Ich bin aber nicht „nur“ ICH; ich bin ICH:
und das ist VIEL – wenn ich auch wirklich MEIN ICH bin.
ICH mit meinen Stärken und ICH auch mit meinen Schwächen.
Und wenn ich dann nicht einsam und abgeschottet bleibe,
gemeinsam ist erfüllender und wirksamer als einsam,
sondern mich an andere an- und mich mit diesen zusammen-schließe, dann gilt:

„Man darf nie daran zweifeln,
dass eine kleine Gruppe engagierter Menschen die Welt verändern kann;
in der Tat und Wahrheit ist es das Einzige, was die Welt jemals verändert hat.“
Margaret Mead

Jeder von uns hat, kurz gesagt,
die Möglichkeit zu begreifen,
dass auch er,
sei er noch so bedeutungslos und machtlos,
die Welt verändern kann.
Jeder muss bei sich anfangen.
Würde einer auf den andern warten,
warteten alle vergeblich.
Vaclav Havel

„Veränderungen sind das Werk aktiver Minderheiten.“
Otto Herz

(8)    Will ich in dieser Welt MUT sein,
der Beruf, die Berufung insbesondere von Pädagogen ist es,
MUT-Macher zu sein, dann prüfe, was Janusz Korczak sagt:

„Habe Mut zu dir selbst und such deinen Weg.
Erkenne dich selbst, bevor du Kinder zu erkennen trachtest.
Leg dir Rechenschaft darüber ab, wo deine Fähigkeiten liegen,
bevor du damit beginnst,
Kindern den Bereich ihrer Rechte und Pflichten abzustecken.
Unter ihnen allen bist du selbst ein Kind,
das du zunächst einmal erkennen, erziehen und ausbilden musst.
Es ist ein bösartiger Fehler anzunehmen,
die Pädagogik sei die Wissenschaft vom Kind –
und nicht zuerst die Wissenschaft vom Menschen.“
Janusz Korczak

(9)    Nicht Vollkommenheit wird von mir erwartet und auch nicht,
dass ich die Welt insgesamt neu erschaffen könnte.
Solche anmaßenden Ansprüche ent-mutigen.
Aber die nachfolgenden Haltungen: sie erMUTigen – mich und andere auch:

„Es ist besser, ein einziges Licht anzuzünden,
als die Dunkelheit zu verfluchen.“
Konfuzius

„Und wenn morgen die Welt unterginge,
würde ich noch heute ein Apfelbäumchen pflanzen.“
Martin Luther

„Verbringe nicht die Zeit mit der Suche nach einem Hindernis.
Vielleicht ist keines da.“
Franz Kafka

„Berge können sich nicht nähern,
aber Menschen können aufeinander zugehen.“
Jüdisches Sprichwort

(M)ein Pädagogischer Imperativ:

„Begegne dem DU, begegne Deinem Gegenüber,
begegne all den Menschen, mit denen Du zusammen-kommst,
wann und wo und wie auch immer,
begegne Deinen Mit-Menschen immer SO,
als würde es von dieser Begegnung
– jetzt und in Zukunft – in entscheidender Weise abhängen,
was aus dem je Anderen, was aus den je Anderen wird.
Otto Herz

(10)    Schließen wir – hier erst einmal – den Weg der MOTIV-Klärung.
Zum Beispiel mit diesen Einsichten:

„Wir sind nicht dazu da,
Menschen an vorgegebene Systeme anzupassen.
Unser Beruf, unsere Berufung ist es,
für – und vor allem mit – den Menschen
Systeme SO als ihre eigenen zu gestalten,
dass sie sich in ihnen wohl fühlen
und dass sie dadurch Lebens-Sinn erfahren.
Otto Herz

Am Ende stellt sich die Frage:
Was hast Du aus Deinem Leben gemacht?
Was Du dann wünschst, getan zu haben,
das tue jetzt!
Erasmus von Rotterdam

Es gibt nichts Gutes, außer man tut es.
Erich Kästner

Die Schwachen kämpfen nicht.
Die Stärkeren kämpfen vielleicht eine Stunde.
Die noch stärker sind, kämpfen viele Jahre.
Die Stärksten kämpfen ihr Leben lang.
Diese sind unentbehrlich.
Bertolt Brecht

Und nun doch noch ein zusätzlicher Abschluss?
Nachklingende Nachbemerkungen?
Für mich jedenfalls möchte ich, dass gilt:

Aufgeben ist keine Lösung.
Aushalten aber auch nicht.

Ich liebe die Niedergeschlagenen nicht.
Ihre Verzweiflung ist der Stoff, auf dem die Niederlagen bauen.

Ich liebe die Kleinmütigen nicht.
Ihre Mutlosigkeit bringt uns in Gefahr.

Ich liebe die Bedenkenträger nicht, die es vorziehen, still zu stehen,
weil in jedem neuen Schritt Unwägbarkeiten wohnen.

Ich liebe die Schmerzensträger nicht, die da behaupten,
das ganze Leid der Welt zu schultern.
Und doch nur an sich selbst zugrunde gehen.

Ich liebe die Angepassten nicht.
Der Ort, an den sie passen, stinkt.

Liebenswert aber sind die Widerspenstigen.
Die Aufbegehrenden.
Die Rebellen.

Nicht immer sind ihre Handlungen klug.
Nicht immer stimme ich überein.
Aber selbst ihre Fehler sind würdig
und wie von einer unendlichen Morgensonne geladen.
Erich Fried

Darum lasst uns mit Ernst Bloch sagen und leben, bekennen und bezeugen:
Wir sind ins Gelingen verliebt.
Und nicht ins Scheitern vernarrt.

Hoffend im Wissen und in der Weisheit von Vaclav Havel:

Hoffnung ist nicht die Überzeugung, dass etwas gut ausgeht,
sondern, dass etwas Sinn hat, egal, wie es ausgeht.